Von Zeit zu Zeit erreicht mich die Frage, wie es weitergeht, wenn man seine persönliche Standortbestimmung erarbeitet hat. „Was mache ich mit meinen ermittelten Bedürfnissen, Interessen, Wünschen, Werten und Fähigkeiten? Wie bringt mich das weiter?“ Ein Kommentar zu meinem Blogbeitrag 10 Selbstcoaching-Fragen zur beruflichen Neuorientierung hat mich nun inspiriert, zu der Frage Stellung zu nehmen und ein paar Impulse zu geben.
Ausgangspunkt für eine gelungene Reise
Die persönliche Standortbestimmung im Rahmen Deiner beruflichen Neuorientierung ist vergleichbar mit dem Ausgangspunkt vor einer langen Reise mit unbekanntem Ziel. Bevor Du Dich auf diese Reise begibst, wirst Du für Dich ein paar Parameter festlegen, die Dir wichtig sind. Du hast eine Vorstellung davon, was Dich interessiert, welche Bedürfnisse Du hast, was Du bei der Reise entdecken und was Du auf jeden Fall nicht erleben willst. Hier ein fiktives Beispiel:
Martin hat sich für ein halbes Jahr von seinem Unternehmen beurlauben lassen. Er will sein Sabbatical für eine Reise nutzen, um danach zu entscheiden, wie er sich beruflich künftig aufstellt. Ihm ist wichtig, dass er während der Reise den Kopf völlig frei bekommt. Zusätzlich legt er folgende Parameter für sich fest:
- Ich reise nur an Orte, die ich noch nicht kenne.
- Ich will andere Kulturen und Menschen kennenlernen, die ein ganz anderes Leben führen als ich.
- Wenn es mir irgendwo nicht gefällt, reise ich sofort weiter.
- Mein Budget erlaubt mir nur in Hostels zu übernachten oder privat unterzukommen.
- Ich bleibe offen und neugierig, auch wenn es mir schwerfällt.
- Die Umwelt ist mir wichtig, deshalb reise ich nur mit dem Zug und dem Schiff.
- Touristenattraktionen vermeide ich, denn es besteht die Gefahr, dass die Begegnungen dort meinen Kopf nur wieder mit mir Bekanntem anfüllen.
- Ich spreche englisch und spanisch und bin Kletterer. Ich kann auf Menschen zugehen und baue schnell Beziehungen auf.
Diese beispielhaften Parameter sind wie ein Filter bzw. Orientierungspunkte auf Martins Weg. Er fokussiert sich auf das, was er wirklich erleben will, ohne zunächst ein konkretes Ziel vor Augen zu haben. Wenn Du Deine Orientierungspunkte im Selbstcoaching ermitteln willst, empfehle ich Dir die 50 Übungen aus „Wandelwillig?“.
Die Wirkung der selektiven Wahrnehmung
Meine Erfahrung ist, je genauer und klarer man sich über die eigenen Werte, Bedürfnisse, Interessen, Fähigkeiten und Wünsche ist, desto eher wird man das erkennen (selektive Wahrnehmung) und finden, was zu einem passt – und das ohne zwanghafte Suche. Voraussetzung ist allerdings, dass Du Deine persönliche Standortbestimmung schriftlich fixiert hast. Hier ein Beispiel zur selektiven Wahrnehmung:
Wann nimmst Du Werbung für Autos wahr? In der Regel nimmst Du sie nicht wahr, wenn Du kein (neues) Auto benötigst. Stell Dir nun mal vor, Du willst irgendein Auto kaufen. Dann achtest Du wahrscheinlich vermehrt auf die Autowerbung, wirst aber das für Dich passende Auto nicht finden, weil Du ja nicht weißt, was Du willst. Legst Du nun ein paar Parameter in Form von Farbe, Größe und vielleicht sogar Marke fest, wirst Du genau dieses Auto nicht nur in der Werbung, sondern auch überall auf der Straße sehen. Du wunderst Dich, wie viele davon unterwegs sind. Diese Modelle waren vorher auch da, nur wurden sie nicht von Dir beachtet. Und genauso verhält es sich auch mit Deiner möglichst genauen Profilierung, wenn Du ein neues Betätigungsfeld suchst. Dir werden Jobs und Möglichkeiten förmlich ins Auge springen, die Du vorher gar nicht wahrgenommen hast.
Was noch hilfreich ist – Fünf Tipps
Solltest Du an diesem Weg zweifeln, weil sich der für Dich passende Job immer noch nicht gezeigt hat, hier noch ein paar weitere Tipps zur Vorgehensweise:
- Profilierung auf Genauigkeit und Klarheit überprüfen
Hast Du wirklich alle Parameter oder Orientierungspunkte für Dich genau und klar schriftlich definiert? Anhaltspunkte für die Parameter findest Du in der Grafik unter Punkt 4. Was fehlt vielleicht noch? Ist Dein Profil für Dich stimmig? An welchen Stellen bist Du irritiert? Wer könnte Dir helfen genauer und klarer zu werden? - Austausch mit anderen
Stelle Dein Profil anderen aus Deinem Umfeld oder/und einer/m Coach vor. Was sehen sie darin? Welche Fragen haben sie noch an Dich? - Angestellt oder selbständig?
Aus Deiner Standortbestimmung sollte hervorgehen, ob Du zukünftig angestellt, selbständig oder teilselbständig arbeiten möchtest. Entscheide Dich mutig, denn auch das trägt zur inneren Klarheit bei. - Was bietet der Markt?
Aufgrund Deiner ermittelten Fähigkeiten, Stärken, Talente und Interessen schaust Du, in welchem Bereich Du arbeiten könntest. Suche Dir ein paar Jobangebote und Unternehmen heraus und vergleiche immer wieder, ob das, was angeboten wird zu Deiner sonstigen Profilierung passt. Findest Du Deine ermittelten Werte in dem Unternehmen wieder? Kannst Du Dir im Job xy Deine Wünsche erfüllen? usw. Nähere Dich durch den permanenten Abgleich immer mehr Deinem Traumjob. - Abgleich der Erwartungen mit der Realität
Sobald Du eine Idee entwickelt hast, welchen Weg Du beruflich einschlagen willst, prüfe erst einmal, ob Deine Erwartung an diesen Job auch der Realität entspricht. Das kannst Du durch Schnupper- oder Praktikumstage ermitteln oder Interviews mit Personen führen, die in diesem Job tätig sind. Durch mehrwöchiges Probearbeiten als bezahlte Aushilfe konnte ich z.B. vor vielen Jahren den Job in einem Reisebüro für mich ausschließen.
Ein Coach für tiefergehende Fragen
Ein Selbstcoaching ist bis zu einem gewissen Grad, beispielsweise bei der persönlichen Standortbestimmung, sehr nützlich und günstig. Danach stellt man sich allerdings selten selber Fragen, die einen ins eigene tiefere Bewusstsein eindringen lassen, verblüffen und auf wirklich neue Erkenntnisse und Ideen bringen. Deshalb empfehle ich Dir, bei Deinem Prozess der beruflichen Neuorientierung mindestens ein oder zweimal eine/n spezialisierte/n Coach hinzuzuziehen, die/der Dir genau diese Fragen stellt. Gerne stehe ich Dir dafür zur Verfügung:-)